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Schade


08.05.2024 20:10 - Gestartet von 56hde4mm
Man sollte nicht vergessen, dass es sich bei den Märkten, auf denen 1&1 tätig ist, um bereits schon lange gesättigte Märkte handelt. Auf gesättigten Märkten steigen die Kosten für die Gewinnung von Neukunden immer mehr an. Es muss also immer mehr Geld investiert werden, um einen potentiellen Kunden zu überreden, seinen jetzigen Anbieter zu Gunsten des eigenen Unternehmens zu kündigen.

Wenn man wie 1&1 aber eine riesige offene Baustelle mit enormen Kosten hat, dann muss man irgendwann notgedrungen die Ausgaben für die Neukundengewinnung limitieren und zurückfahren. Das sowieso schon geringe Neukunden Wachstum leidet dann natürlich noch mehr.

Wie 1&1 oder auch andere Anbieter in vergleichbaren Situationen aus diesem Dilemma herauskommen wollen, wissen die Anbieter wahrscheinlich selbst nicht. Das ist auch keineswegs leicht. Wie der Artikel zurecht beschreibt, kann ein ganz neues Netz durchaus eine nicht geringe Zahl von potentiellen Kunden neugierig werden lassen. Idealerweise steigen dadurch die Zahlen der Neukunden. Da aber 1&1 offiziell wegen Zuliefererproblemen und inoffiziell wohl eher aus Geldmangel den Ausbau seines Netzes extrem langsam angeht, ist also aus dieser Richtung keine Entlastung für die zurückgehende Zahl von Neukunden zu erwarten.

Eine mögliche Alternative beziehungsweise Ergänzung könnte es sein, den Umsatz oder auch die Marge pro Kunde zu erhöhen. Dazu muss man entweder kostengünstiger arbeiten, was wohl nur schwer möglich sein wird, da nicht nur 1&1 bereits ein hohes Grad an Automation erreicht hat, oder aber Bestandskunden auf andere Art und Weise dazu bringen, mehr Geld auszugeben. Wirklich innovative Zusatzleistungen, die Kunden zu einem höheren Umsatz animieren könnten, kann ich bei 1&1 aber nicht erkennen.

Es bleibt deshalb im Fazit dabei, dass sich 1&1 hier wohl an den Mobilfunk Lizenzen komplett überhoben hat. Sie dürften den enorm hohen Aufwand und die exorbitant hohen Kosten für den Aufbau eines ganz neuen Netzes meilenweit unterschätzt haben. Das wird sich rächen und tut es jetzt bereits. Das ist traurig, denn 1&1 hätte durchaus mit entsprechender Innovation den Markt aufmischen können. Stattdessen hat man sich für das sinnlose Verbrennen von Geld entschieden.

Nun gut, solange die Eigentümer (Aktionäre) das mittragen, wird der Umdenken Prozess im Unternehmen wohl genauso langsam vorangehen wie der Ausbau des Mobilfunknetzes.
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[1] kfschalke antwortet auf 56hde4mm
09.05.2024 07:12
Die Frage ist doch, geht es immer nur um Neukundengewinnung und Sim-Karten? Was nützen die 2 Mobilfunkverträge, die man bei 1&1 dazu kriegt, dem Unternehmen?
War der Kauf der Lizenzen wirklich ein Fehler oder evtl. für die Zukunft überlebensnotwendig? Werden Privatpersonen in Zukunft überhaupt noch Glasfaser/Vdsl/Kabelverträge haben?
Wir leben in Zeiten der Allnetflats von unter 10,00€, dies sogar als Prepaid inklusive Datenvolumen von 5 + x GB.
Derzeit ist doch der Wettbewerb, ich gebe x GB Datenvolumen hier dazu, erhöhe da mal die Datenmenge und ggf. noch ne Multicard dazu. Letztendlich wird es darauf hinaus laufen, dat einer den Anfang macht und der Wettbewerb den Preis der unlimeted Tarife beginnt.
Wenn dann das Mobilfunknetz auch die entsprechenden Bandbreiten schafft, die man für seine Anwendungen braucht, braucht es keine Festnetzverträge mehr. Die 5G Routerdosen gibt es.
Und genau dieser Plan der 1&1 kann aufgehen, ein Netz in Ballungszentren aufbauen, den Rest mit Roaming abdecken und mit 5g@home Geld verdienen.
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[1.1] 56hde4mm antwortet auf kfschalke
09.05.2024 07:35
Benutzer kfschalke schrieb:
Die Frage ist doch, geht es immer nur um Neukundengewinnung und Sim-Karten? Was nützen die 2 Mobilfunkverträge, die man bei 1&1 dazu kriegt, dem Unternehmen?

Berechtigte Frage. Das Problem ist nur, dass auch bei Bestandskunden für mich keinerlei Strategie erkennbar ist, den Umsatz pro Kunde durch irgendwelche Mehrleistungen oder was auch immer zu erhöhen. Wachsen kann man eben nur durch zwei Dinge. Entweder man gewinnt ständig Neukunden hinzu oder man erhöht den Umsatz der Bestandskunden. Und eine Umsatzerhöhung funktioniert entweder durch eine Preiserhöhung oder eben dadurch, dass man Bestandskunden dazu bringt, mehr Leistungen des Unternehmens zu verwenden und natürlich dafür zu bezahlen. Aber wie gesagt, irgendeine Strategie dafür ist für mich nicht erkennbar.

Und genau dieser Plan der 1&1 kann aufgehen, ein Netz in Ballungszentren aufbauen, den Rest mit Roaming abdecken und mit 5g@home Geld verdienen.

Zum einen stehen diesen Ideen die Vergaberichtlinien für die Frequenzen entgegen. Hier ist der Aufbau eines bundesweiten eigenen Netzes gefordert. Das wusste 1&1 bevor sie die Frequenzen gekauft haben.

Dazu kommt, dass die Margen im Mobilfunkbereich extrem dünn sind. Hier kann nur Geld verdient werden durch maximaler Automatisierung und maximale Kostenreduktion. Oder anders ausgedrückt, der Gewinn pro Kunde ist sehr gering und nur die Skaleneffekte durch die hohe Anzahl der Kunden macht das Geschäft noch halbwegs einträglich.

Die anderen drei Netzbetreiber haben die anfänglichen Investitionskosten für die Netze wohl bereits lange abgeschrieben. Was jetzt anfällt sind quasi Update Kosten und Wartungskosten. Diese sind natürlich deutlich geringer als die initialen Investitionskosten für den Aufbau eines Netzes.

Genau diese Investitionskosten muss nun 1&1 schultern. Gleich zu Anfang ist über €1 Milliarde für nichts weggeflossen. Nämlich für die Frequenzen. Und nun muss, folgt man den Auflagen der Bundesnetzagentur, das gesamte Land von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen und von Aachen bis Görlitz flächendeckend mit Mobilfunk versorgt werden. Die dafür nötigen Investitionssumme sind kaum vorstellbar.

Selbst wenn man glaubt, 1&1 könnte letztlich diese gewaltige Summe aufbringen und das Netz aufbauen, so werden über die nächsten zehn oder wahrscheinlich eher 20 Jahre diese Investitionssumme abgeschrieben werden müssen. Das Unternehmen wird also für wahrscheinlich mindestens zwei Jahrzehnte einen unfassbar hohen Kostenblock in den Bilanzen haben. Da bleibt kein Spielraum mehr für irgendwas. Da geht es dann eher darum zu überleben.

1&1 ist groß geworden mit dem Wiederverkauf von Leistungen. Man kaufte, um im Mobilfunkbereich einmal zu bleiben, möglichst kostengünstig Vorleistungen von o2 und jetzt halt Vodafone ein und verkaufte sie mit einem entsprechenden Aufschlag an die eigenen Kunden weiter. Hier standen die Kosten für den Einkauf direkt proportional im Verhältnis zu den Einnahmen durch die eigenen Kunden. Das war sehr gut skalierbar und planbar. Und das Unternehmen hatte jahrzehntelang Erfahrungen darin.

Hat man aber nun ein eigenes Mobilfunknetz fehlt diese Proportionalität. Denn dieses muss mit gewaltigen Kosten aufgebaut und gewartet werden, Relativ unabhängig davon, wie es Kunden nutzen. Denn es muss zur Verfügung stehen und funktionieren, selbst wenn Kunden kaum Umsatz tätigen.

Das kann funktionieren. Es kann. 1&1 hat aber keinerlei Erfahrung darin. Sehr wohl hat man aber Erfahrung im Wiederverkauf von Vorleistungen. Es ist deshalb extrem mutig, wenn ein Unternehmen hier quasi eine 180° Wende hinlegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies funktioniert, ist sehr gering, wenn auch nicht ausgeschlossen. Aber die Wahrscheinlichkeit spricht eben deutlich gegen einen möglichen Erfolg.